Wie Pandemien das Design und die Nutzung von Immobilien verändern
Weltweit arbeiten Baumeister, Gebäudeplaner und Immobilieninvestoren daran, Gebäude für die Nutzer sicherer zu machen. Als Knacknuss stellt sich dabei oft der Lift heraus.
500 Millionen Infizierte, mehr als 20 Millionen Tote: Die Spanische Grippe, die 1918 um den Erdball zieht, ist nicht nur eine der grössten Pandemien der jüngeren Geschichte. Sie stösst auch die Entwicklung von keimtötenden Arzneien an – und sie beeinflusste die Architektur. Die 1919 von Walter Gropius initiierte Bauhaus-Bewegung lässt völlig neue Gebäude entstehen. Ihre kubische Form schafft Raum für Licht und grosse Fenster, die einen raschen Austausch der Raumluft ermöglichen, Virenhaltige Aerosole werden schnell heraus geweht. Licht und klinisches Weiss befördern Sauberkeit und Hygiene. Jahrhunderte zuvor war es die grassierende Cholera, deretwegen viele Städte endlich eine Kanalisation bauten und den Anschluss aller Häuser vorschrieben.
Heute heisst unsere Herausforderung Corona. Wieder gibt es rasante medizinische Fortschritte. Impfstoffe werden, erstmals in der Geschichte, binnen weniger Monate entwickelt. Und: Baumeister, Gebäudeplaner und Immobilieninvestoren sind erneut gefordert, Nutzer in Büros, Einkaufzentren und Hotels baulich vor Infektionen zu schützen.
Homeoffice ist keine dauerhafte Lösung
Zunächst haben Unternehmen so viele Bürobeschäftigte wie möglich ins Homeoffice gesandt. Eine dauerhafte Lösung ist dies jedoch nicht. Viele Backoffice-Tätigkeiten können mangels sicherer Datenleitungen nicht von zuhause erledigt werden. Zudem müssen und wollen Mitarbeitende sich in direktem Kontakt austauschen können, um die interne Kommunikation zu gewährleisten und kreative Potenziale zu heben.
Deshalb arbeiten weltweit führende Architekten und Immobilienverbände, wie z.B. das British Council for Offices an einer «Corona Design Response», also an einer Antwort auf die Pandemie. Sie rücken gemischte Nutzungen in den Vordergrund, schneiden Büroflächen anders zu, Wegeführungen und Belüftungssysteme werden angepasst. Umluftsysteme werden hinterfragt, sich öffnen lassende Fenster werden wichtiger.
Inspiriert von Hygienekonzepten in Spitälern
Die AFIAA Anlagestiftung renoviert derzeit Immobilien auf verschiedenen Kontinenten, so z.B. in Hamburg, London, Austin und Melbourne. Die Internationalität ermöglicht es, Massnahmen zu vergleichen und gut funktionierende Konzepte an andere Standorte zu übertragen. Daraus ergibt sich auch ein Vorteil in der späteren Vermarktung.
Viele Massnahmen sind von Hygienekonzepten in Spitälern inspiriert: Antimikrobielle Schichten können Türgriffe und Handläufe vor Keimbefall schützen. Luftreiniger mit Hepa-Filtern können Viren einfangen. Aufwändiger ist es, den Flaschenhals in Bürotürmen zu erweitern: Um Infektionen vorzubeugen, sollen in Liften immer nur wenige Personen gleichzeitig fahren und es dürfen sich vor ihnen keine Warteschlangen bilden.
Den Lift per Smartphone anfordern
Um diesen Zielkonflikt zu lösen, statten wir bei laufenden Bauprojekten in London, Austin und Melbourne Lifte mit leistungsfähigeren Motoren und modernster Steuerung aus. Diese Steuerung kann auf Hygieneanforderungen hin optimiert werden. Sie erkennt die Anzahl von Personen in der Kabine. Personen mit gleichem Ziel wird der gleiche Lift zugeordnet, ungewollte Zwischenhalte gibt es nicht. Die Systeme können so mehr Menschen in kürzerer Zeit sicher bewegen. Zudem hilft ein Touchless Access System: Der Lift kann über eine Smartphone-App angefordert werden, ohne Tasten am Terminal drücken zu müssen. In einigen Immobilien haben wir ausserdem die Liftschächte erweitert und zusätzliche Lifte eingebaut.
Die hygieneverbessernden Investitionen belaufen sich insgesamt auf mehrere Millionen Franken. Es ist gut investiertes Kapital, das die Immobilien bei Nutzern noch begehrter machen und so langfristig zusätzliche Mietertrags- und Wertsteigerungspotenziale schaffen wird. Denn Virologen sind überzeugt, dass auf SARS-CoV-2 weitere Pandemien folgen werden.